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Frankreich: Keine Begrenzung der Mieterhöhung bei stillschweigend verlängerten gewerblichen Mietverträgen nach 12 Jahren

Neue Rechtsprechung zur Mietbegrenzung bei Französische Mietverträge

Mit einem aktuellen Urteil vom 16. Oktober 2025 (Cass. 3e civ., Nr. 23-23.834, FS-B, Sté Monoprix Exploitation c/ SCI Foch) hat der französische Kassationsgerichtshof (Cour de cassation) eine bedeutende Entscheidung im Bereich der gewerblichen Mietverhältnisse (baux commerciaux) getroffen.

Die Richter stellten klar, dass der Mechanismus zur jährlichen Begrenzung von Mieterhöhungen („Lissage du déplafonnement du loyer“) nach Artikel L 145-34 Abs. 4 des Code de commerce nicht auf Verträge anwendbar ist, die über ihre ursprüngliche Laufzeit hinaus stillschweigend über 12 Jahren verlängert wurden.

Hintergrund: Gewerbliche Mietverträge und Pachtbegrenzung in Frankreich

In Frankreich werden gewerbliche Mietverträge („baux commerciaux“) in der Regel für neun Jahre abgeschlossen. In diesen gewerblichen Mietverträgen mit einer Laufzeit von 9 Jahren erhalten die Mieter eine Mietobergrenze. Bei einer Erneuerung oder Anpassung des Pachtzinses kann es jedoch – unter bestimmten Voraussetzungen – zu einem sogenannten „Déplafonnement du loyer“ kommen, also einer Aufhebung der Mietobergrenze.

Ein solches Déplafonnement ist nach Artikel L 145-33 und L 145-34 des französischen Handelsgesetzbuches (Code de commerce) möglich, wenn sich wesentliche Elemente geändert haben, wie etwa:

  • die Eigenschaften der Immobilie,
  • die Zweckbestimmung der Räume,
  • die gegenseitigen Verpflichtungen der Parteien,
  • oder die lokalen Standortfaktoren (z. B. Entwicklung des Stadtteils).

Um sprunghafte Mietsteigerungen zu vermeiden, sieht das Gesetz normalerweise einen „Lissage“, also eine jährliche Begrenzung der Erhöhung auf maximal 10 % des vorherigen Jahrespachtzinses, vor.

Das Urteil: Kein Lissage bei stillschweigender Verlängerung nach 12 Jahren

In dem vom Kassationsgerichtshof entschiedenen Fall hatte ein Vermieter seinem Mieter nach über 13 Jahren Vertragslaufzeit einen Kündigungsschreiben mit Erneuerungsangebot zukommen lassen. Der Mietvertrag war ursprünglich auf neun Jahre angelegt und hatte sich stillschweigend („tacite prolongation“) über die gesetzliche Grenze von 12 Jahren hinaus verlängert.

Der Mieter argumentierte, dass die durch die Vertragsverlängerung ausgelöste Pachterhöhung dem gesetzlichen Lissage unterliegen müsse.

Die Richter entschieden jedoch zugunsten des Vermieters:

Der Mechanismus der jährlichen Begrenzung der Pachterhöhung („lissage“) ist nicht anwendbar, wenn die Erhöhung aus einer stillschweigenden Verlängerung über 12 Jahre resultiert.

Die Begründung:
Artikel L 145-34 Absatz 3 des Code de commerce nennt ausdrücklich die Möglichkeit eines Déplafonnements nach 12 Jahren stillschweigender Verlängerung.
Doch dieser Fall wird nicht im Absatz 4 desselben Artikels aufgeführt, der den Lissage regelt. Folglich ist der Lissage in dieser Konstellation gesetzlich ausgeschlossen.

Praktische Auswirkungen für Vermieter und Mieter

Für Vermieter

Vermieter von Gewerbeimmobilien können bei stillschweigender Vertragsverlängerung über 12 Jahre hinaus eine vollständige Anpassung des Mietzinses an den Marktwert vornehmen – ohne die 10 %-Begrenzung pro Jahr.
Dies kann insbesondere bei Immobilien in attraktiven Lagen oder bei stark gestiegenen Marktpreisen zu erheblichen Anpassungen führen.

Für Mieter

Mieter gewerblicher Räume sollten sich bewusst sein, dass eine lange Vertragslaufzeit durch stillschweigende Verlängerung ihre Position bei der Mietzinsanpassung schwächen kann.
Es ist daher ratsam, rechtzeitig vor Ablauf der 9-jährigen Laufzeit die Vertragsbedingungen zu überprüfen und gegebenenfalls eine Vertragsverlängerung mit angepassten Konditionen zu verhandeln.

Einordnung der Entscheidung

Diese Entscheidung ist besonders bedeutsam, da sie die bisherige Praxis klarstellt und die Auslegung des Artikels L 145-34 bestätigt.
Zwar hatten bereits mehrere Gerichte der unteren Instanzen (z. B. CA Paris 17.10.2018, TGI Paris 5.5.2017) ähnliche Urteile gefällt, doch die Cour de cassation hat diese Auslegung nun erstmals ausdrücklich bestätigt.

Damit wird die rechtliche Unsicherheit beseitigt und die Rechtslage für Gewerbemietverhältnisse nach 12 Jahren Dauer eindeutig festgelegt.

Wie Coffra group Sie unterstützen kann

Die Coffra group begleitet deutsche Unternehmen mit Niederlassungen oder Filialen in Frankreich in allen Fragen des französischen Immobilien-, Steuer- und Wirtschaftsrechts.

Unsere deutsch-französischen Expertenteams aus Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern beraten Sie u. a. bei:

  • der Gestaltung und Verlängerung gewerblicher Mietverträge,
  • der Analyse von Mietanpassungsklauseln,
  • der Bewertung von Markt- und Pachtpreisen,
  • und der Prävention rechtlicher Risiken bei Mietverhandlungen.

Fazit

Mit dieser Entscheidung vom 16. Oktober 2025 hat der französische Kassationsgerichtshof die Anwendung des Lissage du déplafonnement du loyer klar begrenzt:
Die jährliche Deckelung der Pachterhöhung gilt nicht für gewerbliche Mietverträge, die über 12 Jahre hinaus stillschweigend fortgesetzt wurden.

Unternehmen und Investoren sollten daher ihre laufenden Mietverträge prüfen und mögliche Auswirkungen auf ihre Mietkostenstruktur analysieren.

Eine rechtzeitige Beratung kann helfen, wirtschaftliche Risiken zu vermeiden und strategische Entscheidungen vorzubereiten.

Disclaimer

Die in diesem Artikel enthaltenen Informationen sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung korrekt und dienen ausschließlich der allgemeinen Information.
Sie stellen keine rechtliche, steuerliche oder wirtschaftsprüferliche Beratung dar.
Vor jeder Entscheidung sollte die Meinung eines qualifizierten Experten eingeholt werden.
Eine nachträgliche Überprüfung oder Aktualisierung aufgrund neuer Gesetze oder Rechtsprechung erfolgt nichtdurch die Autoren.

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